Flash und Silverlight denken um

Na, Wahnsinn! Jeder dritte Tweet in meiner heutigen Timeline berichtet von Adobes Entscheidung, das Flash-Browserplugin für mobile Plattformen einzumotten, und sich statt dessen stärker auf HTML5 zu konzentrieren. Das Gleiche wird seit geraumer Zeit von Microsofts Silverlight gemunkelt – entsprechende Gerüchte verdichten sich jetzt.

Was ist passiert? Nun, ganz einfach: Offenbar ist es technisch nur extrem schwer machbar, ein hochgradig multimediales und mächtiges Browserplugin für schwachbrüstige ARM-Prozessoren so zu implementieren, dass es wenig Abstürze verursacht, performant läuft und sparsam mit dem Strom umgeht. Auch wenn Flash in Android-Browsern generell funktioniert hat – besonders viel Spaß hatten die Anwender damit nicht.

Doch damit ist Flash und Silverlight noch nicht dem Tode geweiht. Klar, auch auf dem Desktop-Browser werden die entsprechenden Plugins immer unwichtiger werden, bis sie in zwei bis vier Jahren niemanden mehr ernsthaft interessieren. Alle modernen Websites müssen – schon heutzutage, aber in Zukunft noch viel mehr – gut auf mobilen Plattformen funktionieren. Und niemand bastelt zwei Versionen, wenn es eine auch tut, und diese ist natürlich Webstandards-basiert.

Doch warum sollen Flash und Silverlight nicht einfach – außerhalb des Browsers – ein neues Leben beginnen (wenn es nicht schon längst begonnen hat). Silverlight war bereits seit seinem Start als Chimäre geplant und lebte sowohl im Browser als auch als .NET-Windows-Media-Foundation-Dingens-irgendwie. Und mit AIR stellt Adobe seit geraumer Zeit eine unabhängige Runtime für Flash- und Webapps zur Verfügung, die überall lauffähig ist – aber eben als eigene Applikation ohne Webkontext.

Flash wird nun also zum SDK für die Erstellung von Apps (mit wahrscheinlich verpfuschter Möglichkeit zum HTML5-Export). Sowohl für den Desktop-Bereich, als auch (und hier ist das größte Potenzial) für mobile Plattformen, einschließlich iOS. Die Exportmöglichkeit von Flash zu iOS ist bereits da und funktioniert. Mein Bürokollege Michel Wacker macht dieser Tage umfassende Performance-Tests für die Spieleentwicklung. Das ist Realität. Und Flash ist – abgesehen davon, dass es proprietär ist – eine hervorragende, professionelle Entwicklungsumgebung. Man hört nur anerkennende Worte für ActionScript 3, es ist eine ausgereifte Sache. Warum nicht diese Infrastruktur (und die riesige Entwicklergemeinde) nutzen und voll in die Entwicklung von abgeschlossenen Apps einsteigen statt sich den Browser mit halbgaren Plugins und Embedding-Inseln kaputt zu machen? Dort, wo Flash jetzt hingeht, sehe ich es an der richtigen Stelle. (Klar, es droht natürlich, zu einer Art Desktop-Java der nächsten Generation zu werden – aber seien wir ehrlich: Solche Cross-Platform-Bestrebungen wird es immer geben. Das stört mich nicht weiter.)

Und bei Silverlight genau das gleiche: Microsoft sieht Silverlight inzwischen – nach einigem Hin und Her – als eine mögliche Entwicklungsplattform für Win8-Metro und Windows Phone an, wenn ich das richtig verstanden habe. Aber halt als App/Widget, und nicht im Browser. Keine miese Entscheidung, wenn Performance und Stabilität hier besser gewährleistet werden können.

Ein bisschen wehmütig bin ich – ehrlich gesagt – schon, denn natürlich habe auch ich mit Flash als Browserplugin viel Spaß gehabt in den späten Neunzigern und frühen Nullerjahren. Aber diese Zeiten sind aus guten Gründen vorbei – und die Webstandards-Bewegung hat den Kampf um den Browser jetzt mit großer Sicherheit gewonnen! Yea!