Gebrochene Schriften sind hip

In den Neunziger Jahren wäre das wohl nicht möglich gewesen: Allerortens sieht man gebrochene Schriften im Einsatz. Sogar in Deutschland, dem vermeintlich vorbelasteten Raum, wo viele der fälschlichen Meinung sind, die Nazis hätten des Typografens Freude an dieser Schriftgattung für immer verdorben. (Zur Erinnerung: Nachdem die Nazis zunächst voll auf Fraktur setzen, wurde diese später sogar teilweise als »Judenletter« verboten)

Egal, nun hat sich die gebrochene Schrift wohl endgültig von Bierflaschen und Weinstuben emanzipiert und feiert ein fröhlich-verspieltes Comeback in der Headline- und Logo-Typografie! Die geniale Sarah-Kuttner-Show (Der einzige Grund, MTV zu gucken) schmückt sich mit etwas vereinfachten, kubischen Formen, Die Popstar-Schriftdesigner von Underware präsentieren mit der Fakir eine Fraktur-Remix-Schrift mit zackigen Kanten und Judith Schalansky bringt mit »Fraktur Mon Amour« ein spektakuläres, junges und eben hippes Buch auf den Markt, dass sich ausschließlich mit der Liebe zu gebrochenen Buchstaben beschäftigt. Von den vielen Eminem- und 50-Cents-Plattencovern will ich gar nicht anfangen, aber das ist eben auch Amerika, da hat man diesen negativen historischen Beigeschmack niemals so stark empfunden wie in Deutschland.

Ist dies nun ein weiterer Trend, der bald wieder abebben wird? Ich glaube, es könnte anders kommen. Ich denke eher, dass wir Designer nun endlich einen Teil des Repertoire wieder benutzen dürfen, der lange Zeit aus diversen Gründen tabu war, obwohl er so viel Spaß bringen kann. Es ist eher eine Wiederkehr eines Stilmittels, das früher selbstverständlich dazu gehörte und dass wir nun wieder einzusetzen lernen. Es wird wieder reichhaltiger – also Mut zur Fraktur!

Wie komme ich jetzt darauf? Nun, Ralf Herrmann hat bei Flickr eine Group gestartet, die sich Blackletter Today nennt. Eine sehr hübsche Idee!