Probefahrt mit dem Hyundai Ioniq Elektro

Ich bin den aktuellen Liebling der Elektroautoszene für zwei Stunden zur Probe gefahren und schreibe euch natürlich gerne mein Fazit hier ins Blog.

Das Würzburger Autohaus Schürer ist offenbar einer der wenigen Händler, die jetzt bereits alle drei Varianten des Ioniq zum Testen bereit hält: Hybrid, Elektro und Plugin-Hybrid. Für mich war selbstverständlich nur die reine Elektrovariante interessant, und so machte ich mit meiner Frau einen kleinen Trip durch Würzburg und Höchberg, auf die A3 bis zum Rasthof Haidt an die Ladesäule, und zurück.

Ganz grundsätzlich: Der Ioniq Elektro ist ein bemerkenswert vollständiges Auto, vollgestopft mit Funktionen, und das bereits in der Basis-Variante. Die Möglichkeiten zur Individualisierung sind ohnehin gering: Es gibt drei Ausstattungslinien (33.300 €, 35.500 € und 38.000 €), die sich gar nicht dramatisch voneinander unterscheiden. Da bei der teuren Variante „Premium“ nur Ledersitze möglich sind (buh!) und die günstige Variante „Trend“ keinen Wärmetauscher besitzt (will man schon), kommt eigentlich nur die mittlere Variante „Style“ in Frage, und diese sind wir auch gefahren. Überall identisch sind die Batteriekapazität von 28 kWh, die Ladebuchsen (CCS bis 100 kW, Typ2 bis 6,6 kW) und serienmäßige Kabel für Typ2 und Schuko.

Die vielbeschworene gute Verarbeitung des Koreaners ist Realität: sattes Ploppen der Türen, hochwertige Materialien, Wohlfühlambiente – ein deutlich gehobener Standard, wie man ihn von deutschen Herstellern kennt. Das Fahrgefühl ist top, Beschleunigung, Rekuperation wunderbar, alles ist zudem einstellbar: Es gibt drei Fahrmodi (Eco, Normal, Sport), wobei die jeweilige Rekuperation nochmal unabhängig davon in vier Stufen modifiziert werden kann, inkl. „Segelmodus“. Wenn man die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten klug nutzt, ist der Ioniq ein echtes Sparwunder und verbraucht angeblich nur ca.  10 bis 11 kWh auf 100 km im Sommerhalbjahr. Aber auch im Winter soll der Verbrauch nicht so heftig ansteigen wie beispielsweise bei der ZOE. Die 28er-Batterie dürfte ähnliche Reichweiten zwischen 200 und 260 km erzielen wie eine (theoretische) 33er ZOE-Batterie. Dank CCS-Schnellladung verliert die Autobahn aber definitiv ihren Schrecken.

Aber nochmal zurück zur Ausstattung: Es fehlt quasi nichts in diesem Ausstattungsprimus: Tempomat mit Abstandshalter, 12V-Buchsen und Qi-Handyladung an allen möglichen Stellen, CarPlay und Android Auto, DAB-Radio, Sitzheizung und Lenkradheizung. Letztere sind echte Stromsparfunktionen, da man die Innenraumbeheizung reduzieren kann!

Sagen wir es so: Minimalismus geht anders. Und das wäre auch einer meiner Kritikpunkte. Das Ding hat definitiv zu viele Knöpfe und Schalter, sowohl am Lenkrad als auch an der Konsole und im Cockpit-Display. Man ist ein wenig erschlagen von den hundert Möglichkeiten. Ich bin, was diese Dinge angeht, wohl eher im „Team Model 3“ angesiedelt, wo einfach alle Einstellmöglichkeiten virtualisiert auf einem großen Touchscreen stattfinden statt überall im Innenraum verteilt.

Der andere Kritikpunkt ist die Garantie auf die Kaufbatterie. 8 Jahre sind natürlich fein, aber leider wird erst unter 70 % Batteriegesundheit oder weniger ausgetauscht. Zum Vergleich: Renault und Nissan machten’s jeweils bei unter 75 %.

Ach ja, und da wäre die Sache mit der Lieferzeit: zwischen zwei und zwölf Monaten ist alles drin, so die offizielle Sprachregelung für die Händler. Das ist natürlich hart, zumal die Vorführmodelle definitiv nicht zum Verkauf stehen und gebrauchte Wagen noch rar sein dürften.

Ob der Wagen insgesamt schick ist – Geschmackssache. Für uns ist er sicherlich etwas zu groß und ein bisschen spießig gestaltet im Innenraum, eben ein echtes „Auto-Auto“, kein „Elektroauto-Auto“. Der Vergleich mit der ZOE liegt für mich zwar irgendwie nahe, passt aber nicht wirklich, da sehr unterschiedliche Geschichten erzählt werden: Pragmatischer und erschwinglicher Minimalismus bei Renault, klassischer Komfort und Features satt bei Hyundai. Fairer wäre wahrscheinlich ein Vergleich mit dem Kia Soul EV. Dazu müsstet ihr dann mal die (noch) aktuelle Folge von CleanElectric anhören.